Teil 1: Über Reisen und die Fotografie

Ich habe letztes Jahr schon ein paar Zeilen über dieses Thema geschrieben. Dort habe ich das „nicht-fotografieren“ ziemlich gut umsetzen und durchhalten können, wobei man nicht von durchhalten sprechen kann. Ich hatte einfach kein Verlangen danach. Vielleicht auch, da es „nur“ die Schweiz war, nicht wirklich weit weg und auch kein richtiges Ausland für mich. Ich bin mit der Bahn durch die Gegend gezuckelt und konnte mich der Landschaft freuen, welcher ich relativ leicht wieder einen Besuch abstatten kann.

In Irland war ich mit dem Thema wieder konfrontiert. Es fing schon mit dem zusammenstellen der Ausrüstung an. Das „Was soll mit?“ hat sich mir davor gar nicht wirklich gestellt, da die Rolleiflex und eventuell noch meine Polaroid in Frage kamen. Doch durch meine Arbeit kann ich mir verschiedenste Kameras ausleihen. So kam nun neben der Rolleiflex auch die Nikon F2 mit, mit welcher ich mich langsam anfreunde. Somit mussten auch zwei verschiedene Filmarten mit auf die Reise. Puh!

Da die Zeit und auch die Gegebenheiten nicht wirklich passten um in Ruhe durch das Land zu fahren, ging es auf Tagestouren um einige der tollen Orte und Landschaften mitzubekommen. Zusammengepfercht in einem Bus voller anderen Menschen ging es los. Vom Busfahrer gab es Erklärungen hier, Erkläruneng da, manchmal wurde nur zum besser gucken angehalten oder es gab 15 min Aufenthalt zum fotografieren. So ging es durch die schönste Landschaft von Irland. Zwar konnte ich mich nicht dazu bringen, aus dem Fenster zu fotografieren, wie es die anderen zum großen Teil taten. Doch ich machte auf den Stops auch das ein oder andere Knipsbild, welches ich normal nicht machen würde.

Somit fragte ich mich, fast schon während dem tun, wieso ich das überhaupt mache?!

Ich weiß doch eigentlich, dass die Bilder nichts werden können. Die Sonne stand falsch oder ich hatte zu wenig Zeit und Ruhe für die Fotos! Was will ich nur damit? Das „Ich-bin-da-gewesen“-Syndrom – aber wieso? Eigentlich lege ich darauf doch gar keinen Wert! Gruppenzwang?

So richtig an meinen Nerven haben vor allem die Cliffs of Moher gekratzt. Hier hatten wir 1,5h Aufenthalt auf welche ich mich freute, doch ich wusste nicht wie touristisch das Ganze in Wirklichkeit ist. Was auf den Fotos so friedlich und naturbelassen aussieht läuft im Hintergrund mit Besucherzeitrum, Absperrungen und wahnsinnig viel Publikum. Um die besseren Bilder von sich zu bekommen werden natürlich die Absperrungen überwunden um den Klippen so nahe wie möglich zu sein. Zwar verstehe ich das schon ein bisschen, doch in dieser Masse scheint mir das fast ein reinster Foto-Tourismus zu sein. Die wenigsten, so kommt es mir vor, genießen diesen wunderbaren Anblick und das Naturschauspiel! Man läuft an den Klippen entlang um den besten Standort für die Bilder von sich gegenseitig (oder sogar Selfi) machen zu können. Auch im Besucherzentrum gibt es eine „Postcard“-Station, wo man ein Bild von den Klippen bzw. Umgebung auswählen und sich dann vor einem grünen Hintergrund in dieses reinmontieren lassen und dann den Liebsten Zuhause per Mail schicken lassen kann. Klar, faszinierend durch die technische Spielerei ist das irgendwie schon, doch in meinem Kopf gesellt sich das wieder mal zur Fototourismus-Sparte „Ich-war-hier“ und das kann ich in dem Ausmaß einfach nicht verstehen.

Ich muss sagen, dass ich mich in dieser Foto-Touri-Rolle gar nicht wohl fühle. Fotos zu machen, für welche ich mir keine richtige Zeit genommen habe bzw. gar nicht konnte, fühlt sich so unglaublich schlecht an! In diesem Urlaub habe ich es nun, auf was für Gründen auch immer, doch getan und endgültig für mich gemerkt das es nichts für mich ist.

Wenn ihr euch fragt auf was ich hinaus möchte….tja, dass weiß ich auch (noch) nicht genau. Kann diese Sache nämlich in keine genaue Schublade einordnen. Da findet ein kontinuierliches hin und her sortieren der Gedanken und Taten statt. Wie gehe ich mit der Fotografie auf Reisen am Besten um? Ich habe noch kein einziges Landschaftsfoto aus Irland weiterverarbeitet…..kein Interesse.

Vielleicht kommt dieser Text genauso wichtigtuerisch und selbstdarstellerisch rüber wie ein Selfie vor den Cliffs of Moher, aber es muss irgendwie raus.

TEIL 2 folgt demnächst…….

Liebesbrief an meine Rolleiflex

Jana_klein

 

Wenn ich ehrlich bin, dann warst du keine Wunschkamera. Ich wusste wenig über dich, wenn überhaupt! Deine Funktionsweise kannte ich aus dem Theorieunterricht der Fotoschule, doch eine Kamera mit zwei Objektiven war mir lange fremd, ja gar suspekt! Ich war nur digitale Spiegelreflexen, die Hasselblad sowie Fachkameras gewohnt.

 

In der Anfangszeit meines fotografischen Lohnjobs lernte ich jedoch einen Verwandten von dir kennen und die „Familie“ namens Rolleiflex fand ich durchaus interessant.

So unternahm ich im Winter 2012 auch einen Ausflug mit deinem Verwandten (ich muss ja schon sagen, dass ich ihn attraktiv fand). Es war eine schöne Zeit und die Erinnerungsfotos sind mir sehr ans Herz gewachsen. Doch ich dachte nicht, dass ich mit dieser Familie auch weiterhin, ja sogar so eng, zu tun haben werde. Aber es kam das alljährliche Weihnachten und wir wurden von meinem Chef verkuppelt. Die Schmetterlinge im Bauch waren groß und vor allem zahlreich, aber unser Zusammensein wurde dennoch überschattet.

Denn mit dir hatte ich nun noch eine weitere Kamera, welche meine Zuneigung, Interesse und Zeit einforderte. Da dies auf Dauer nicht ging, trennte ich mich, wenn auch schweren Herzens, von meiner digitalen Nikon D300. Aber wie es so ist, man muss sich manchmal entscheiden.

Doch ich bereue, auch im Nachhinein, diesen Schritt nicht. So konnte ich genug Zeit mit dir verbringen, was unsere Beziehung nur noch stärker machte.

Um diese Zeit bin ich dir wirklich dankbar. Wir konnten bisher zusammen nicht nur tolle Motive und Momente miteinander teilen, sondern auch einige tolle Gespräche mit zufälligen, spontanen Bekanntschaften machen. An dieser Stelle danke ich dir so sehr, ohne dich hätte ich so viele interessante Menschen nicht kennen gelernt. Es stellte sich nämlich heraus, dass viele (vor allem ältere Menschen) deine „Familie“ kannten oder dich auch sehr reizvoll finden.

Ich konnte zudem von deinem Alter und der daraus resultierenden Gelassenheit profitieren, denn diese entzieht sich der Beschleunigung der aktuellen Zeit.

Du bist mir eine geduldige Lehrerin, denn mit der fixen Brennweite und deinem seitenverkehrten Bild muss ich genauer überlegen, ob, was und wie ich die Motive mit dir festhalte.

Zudem muss ich zugeben, dass ich mich ziemlich in dich verguckt habe. Zwar hast du auch deine Ecken und Kanten, doch das Klacken des Lichtschachts und das klicken, wenn du das Licht in deinem Innersten auffängst, lässt mein Herz erwachen und ebenso leuchten.

 

Sofortbilder gehören weggegeben!

Sofortbild von mir. Foto: Claudia Muñoz

Sofortbild von mir. Foto: Claudia Muñoz

Jawohl. Die Sofortbilder gehören weggegeben!

Sofortbilder, umgangssprachlich auch eher unter Polaroids bekannt, sind äußerst gesellige Bilder. Doch sie wollen nicht in eine Sammlung oder gar ganz ordentlich archiviert werden…..oh Nein!
Die Geselligkeit bezieht sich auf die äußest ausgeprägte Beziehung zwischen Bild und Mensch. Vor allem Gegenstände, Situationen oder Abbildungen, welche sich direkt auf eine andere Person beziehen stellen den größten Faktor dieser Beziehung dar. Ein Sofortbild
gehört in dieser Theorie also nicht dem Fotografen, sondern eher der abgebildeten Person bzw. der Person welche man bei diesem Bild im Hinterkopf hatte. Allein die Tatsache, dass sich die Person meist riesig über dieses Geschenk freut, unterstützt das Weggeben ungemein und macht es meist auch unmöglich nicht zu tun.

Wenn ich also zufällig meine Polaroidkamera dabei habe und zum Beispiel an Straßenmusikern oder auch Obdachlosen vorbei komme, dann kann ich den Reflex des Bilder-machens meist nicht unterdrucken. Doch nicht für mich, Nein! Ich mache dies um das Bild daraufhin der jeweiligen Person zu schenken. So kommt anstelle ein paar Münzen ein Sofortbild in Mütze, Becher oder Gitarrenkoffer.

Nutzt man Situationen anderer Menschen aus um sich selbst mit einem Motiv/Bild zu bereichern?
Ist das Fotografieren sonst nicht total egoistisch?

vom nicht-fotografieren

„Wann drückst du auf den Auslöser?“
„Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine mir persönlich, dann will ich nicht das mich die Kamera irgendwie ablenkt. Dann will ich einfach nur darin verweilen“

aus: „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“


 

Folgender Sachverhalt ist wohl jedem bekannt und wird auch immer sehr stark betont wenn es um die Vorteile und Gründe der analogen Fotografie geht: Analog fotografiert man weniger, bewusster. Ja klar, wusste man schon, es liegt ja auf der Hand. Meine Ausbeute ist immer sehr geringt, da ich meine Kamera nur sehr selten dabei habe. Wie ich bestimmt schonmal betont habe ist die Fotografie für mich meist nicht das festhalten von Momenten und dem Leben, sondern eine ganz bewusste Motivsuche. Da ich darauf nicht immer lust habe, wird halt mal wochenlang kein Foto gemacht und stattdessen gelebt. Ohne Gerät zwischen mir und den Menschen, Natur und Städten.

 

Bei meiner Tour in der Schweiz hatte ich zwar meine Kamera(s) dabei, doch ich habe in 5 Tagen nur drei Filme sowie 3 Polaroids gemacht. Und das lag nicht an den Motiven, die gab es zahlreich. Gerade Bern und Lausanne waren wirklich sehr schön, doch für mich gab es dort kaum bis gar keine Motive. Jedoch habe ich die Städte genossen und saß auch einfach mal eine Stunde am See und hab einfach nur geschaut. Meine Bilder sind im Kopf, die brauch ich nicht auf dem Rechner oder auf Papier!

 

Das dachte ich auf jeden Fall. Als ich an einem Tag in Zürich und Winterthur war, nahm ich die Digitalknipse meiner Eltern mit um mir in der Fotobibliothek die interessanten Buchseiten abfotografieren zu können (geht einfach schneller als scannen). Meine analogen Kameras waren Zuhause und irgendwie bin ein bisschen in das Muster gerutscht, welches ich selbst nicht mag: Ich habe Erinnerungsfotos gemacht! Zwar waren es nur so ca. 7, aber das ist mehr als ein halber Rollfilm! Ach du Schreck, da hatte ich mich nicht im Griff! Wobei, ist das so schlimm?

Ich weiß es nicht und bestimmt bin ich einfach nur zu verkopft, doch wenn ich reflektiere wieso ich die Bilder gemacht habe, dann wird mir klar das ich Eindrücke von der Stadt zeigen wollte. „Ich-war-hier, guck……das ist der Beweis“. Aber wieso brauche ich einen Beweis? Reichen mir nicht Worte aus von dem Stadtspaziergang zu erzählen? Oder weiß ich das automatisch nach Bildern geschfragt wird? Normal ist mir das sowas von egal und bis jetzt hat auch noch keiner nach Bildern gefragt.

Ein paar Tage vor meinem „digitalen Ausrutscher“ (das ist wirklich nicht allzu ernst gemeint, wobei ich durchaus meine Prinzipien habe) bin ich den Goldenpass von Montreux über Interlaken nach Luzern gefahren. Es waren 5 sehr schöne Stunden in welchen ich aus dem gucken nicht mehr herauskam. Da drehte sich mein Hals….rechts, links und nach hinten. Die Landschaft war sehr schön und ich saß im Zug und wollte einfach nur gucken und genießen. Nun ja, mit dem genießen war nicht besonders viel. Die verschiedensten Töne von Auslösegeräuschen lösten in mir durchaus ein gribbeln aus, welches nie etwas gutes bedeutet. Ich will doch einfach in Ruhe gucken! Wieso müsst ihr non-stop fotografieren, die Bilder anschauen, merken das sie nichts geworden sind und dann nochmal und nochmal versuchen?

Verpasst man dann nicht so viel von der Schönheit, welche da gerade an einem vorbeizieht? Dieser Stress um schöne Fotos aus dem Zug heraus einzufangen….und darüber vergessen das genau da, hier draußen, das Schöne ist? Ich werde es wohl nie ganz verstehen. Leider sah es mein Zeitplan nicht vor, die Natur ohne eine Glasscheibe vor der Nase zu erleben. Aber ich werde wieder hin fahren und das ohne die Schönheit fotografisch festhalten zu wollen. Jawohl.

 

P.S. Jaja und dann ein Selbstportrait (in Bern) machen. 😀