Eine Kamera träumt vom Süden

Seminaraufgabe zum Thema Fotozeitschriften

Die auf den ersten Blick ziemlich langweilige und konservativ gestaltete Doppelseite der Septemberausgabe der Fotografiezeitschrift „Klick“ 1955 wurde spannend, als ich dieser etwas mehr Aufmerksamkeit schenkte, anstelle mir nur das recht große und dominante Farbfoto auf der rechten Seite anzusehen.

Hier steckt die Besonderheit der Doppelseite vor allem im Text von Autor Heinz H. Blümer, wobei die Überschrift und die dazu passende Illustration schon auf dessen Kern aufmerksam machen und mich eindeutig ansprachen. Denn dieses Zusammenspiel lies mich schon erahnen, dass es kein trockener und „normaler“ Text über irgendein fotografisches Sujet oder eine technische Erklärung wird.

Und in der Tat fand ich hier einen aus der Perspektive einer vermenschlichten Kamera geschriebenen Text über einen bevorstehenden Urlaub bzw. dessen Vorbereitungen. Dabei wurde deutlich, dass die Kamera sich zwar auf die fotografische Abwechslung und die bevorstehenden Motive freut, welche sie dort aufnehmen kann, doch auch unglücklich ist, wie nachteilig sie gegenüber den anderen Reisegegenständen behandelt wird.

Schon etwas länger im Besitz der Familie wurde sie wohl nie ihren Wünschen nach behandelt, um ordentlich funktionstüchtig bleiben zu können. So schreibt die Kamera davon, dass sie etwas „Krank“ sei, da unter Anderem vom letzten Urlaub noch etwas Sand im Verschluss ist, sie nie abgestaubt wird und daher unscharfe oder überbelichtete Bilder produzieren könnte. Vermeidbare Fehler, welche Schlussendlich dazu führen können, dass ihre Besitzer potenziell unzufrieden stellende Ergebnisse auf die Kamera bzw. deren Technik oder die Verarbeitung des Materials im Fotolabor des Dienstleisters zurückführen. Die Kamera macht deutlich darauf aufmerksam, dass sie dies unfair findet und es alles Faktoren sind, welche mit einer anständigen Behandlung bzw. „Vorsorge“ vermeidbar sind.

Es wird also eine unterhaltsame und lebensnahe Geschichte um ein technisches Thema gebastelt, welches dem ernsthaft ambitionierten Fotografen wichtig sein sollte. Allerdings ohne es ihm als eine Auflistung trockener technischer Gebrauchsanweisungen mit Ge- und Verboten vorzulegen. Zwar wird deutlich was alles wichtiges zu beachten ist, damit man gute Ergebnisse mit (s)einer Kamera erziehen kann, doch auf eine Art und Weise, welche zumindest mir viel näher geht und deutlich mehr Spaß beim lesen macht. Durch die Vermenschlichung eines Gebrauchsgegenstandes, der Kamera, wird nämlich suggeriert, dass diese auch Gefühle hat und brauchbare Fotos ein Ergebnis aus einer guten Zusammenarbeit, sowie Respekt und Aufmerksamkeit gegenüber dieser, sind.

Im Vergleich zu den meisten Fotozeitschriften, vor allem den heutigen, fällt diese spielerische und blumige Art der Wissensvermittlung deutlich aus dem der Fotografie anhaftenden eher trockenen und analytisch-technischen Wesen/Kontext heraus. Allerdings ist die Art des Textes von Blümer(ant) innerhalb dieser Zeitschrift keine Ausnahme, bzw. nicht ganz verwunderlich. So gibt es den sogenannten „Egon“, welcher als eine Art Stellvertreter für die Leser:innen bzw. Fotoamateur:innen steht und häufiger in Einleitungen oder kleineren Zwischentexten aller Ausgaben auftaucht. Da diese Texte hier auch meist etwas lockerer und mit unterschwelligem Witz geschrieben sind, ist der Konsum dieser Zeitschrift nicht nur informativ, sondern auch ziemlich unterhaltsam.

Mir ist zudem ein weiterer spezieller sprachlicher Kniff aufgefallen, denn hier ist der Name im Inhalt der Zeitschrift „Klick“ auch Programm. So findet man öfter wortspielerische Formulierungen wie „KLICKe, KLICKerei, KLICKfreunde, Nebenbei-KLICKer, geKLICKt“ in verschiedensten Texten in allen Heften wieder. Dies führt zu einer Art Gemeinschaftsgefühl, welches jedoch etwas Anderes ist als eine vermenschlichte Kamera, welche mit einem versteckten Auftrag an einen appelliert. Hier werden die Leser:innen auf einer eher kollektiveren Ebene angesprochen. Denn diese Wortspiele werden nicht nur von der Redaktion genutzt, sondern lassen sich auch in Leser:innenbriefen bzw. Einsendungen in der Rubrik „Man schreibt klick“ finden. Ich finde es faszinierend, dass Leser:innen diese Worte scheinbar in ihren fotografischen Sprachgebrauch übernehmen und sich somit auch mit der Zeitschrift und dem Inhalt verbunden fühlen.

Jedoch ist das nicht nur dieser Zeitschrift eigen, sondern scheint ein bisschen an dem emotionalen Zeitgeist der 1950er Jahre in der BRD (Nachkriegszeit) zu liegen. So findet man in dem, zu Werbezwecken dienlichen, Prospekt „Gut, dass Du da bist – Eine Liebesgeschichte photographisch erfaßt und wiedergegeben von einer Zeiss Ikon Camera“ von 1954 eine ähnliche Geschichte, wie die Obrige zusammengefasste. Hier wird auch ein besonderes Ereignis aus einem beispielhaften Leben genommen, mit welchem sich wahrscheinlich die Meisten auf irgendeiner Art und Weise identifizieren können bzw. eher konnten. Die Kamera begleitet die zwei Protagonisten der Geschichte beim finden ihrer Liebe. Es werden auch Tipps für gelungene Fotos in verschiedensten Situationen gegeben, alles verpackt als Werbebroschüre mit Kameras und Preisen.

Die Unterschiede in der Sprache, welche mir aufgefallen sind, machen deutlich, dass es sich bei der „Klick“ nicht um eine Foto-Fachzeitschrift handelt, wie wir sie auch seit den frühen Jahren der Fotografie kennen, sondern auch in die Kategorie der Freizeitzeitschriften mit Unterhaltungscharakter zu fallen scheint. Zwar findet man, wie man in der Bildunterschrift des eher nüchternen und seriösen Foto auf der rechten Seite der Doppelseite erkennen kann, auch die obligatorische konservativen Aufnahmedaten des Fotos. Blende, Verschlusszeit, Kameramodell sowie Filmmaterial scheinen in solchen Publikationen einfach unerlässlich zu sein. Allerdings wird zumindest im Inhalt dieser Zeitschrift auf eine Zahlenschlacht mit Formeln sowie einer komplizierten Fachsprache verzichtet. Es ist eine gleichzeitig unterhaltende sowie lehrreiche Zeitschrift auf der Augenhöhe vieler Amateurfotograf:innen, welche eine breite Leser:innenschaft anspricht.

Vom Zeigen

Ich arbeite gerade an einem sehr persönlichen und privaten Projekt, von welchem ich ziemlich sicher weiß, dass ich es nie veröffentlichen werden kann – egal in welcher Form. Es soll ein Buch werden, aber eine Veröffentlichung würde zu vielen Menschen auf die Füße treten. Das möchte ich aktuell nicht.

In einer Zeit, in welcher man in den Sozialen Medien so vieles zeigt und teilt, fühlt sich das ziemlich seltsam an. Jedoch lerne ich durch diese Arbeit und Herangehensweise gerade einiges. Das sollte wohl wichtiger sein als Likes und Kommentare. Es ist eine ganz andere Art des Umgangs mit Bildern und gefundenen Materialien, als ich bisher gearbeitet habe.
Trotzdem bleibt dieses komische Gefühl, dass etwas fehlt. Ohne etwas zu zeigen bzw. zu posten, habe ich manchmal das Gefühl auch nichts relevantes zu tun.

Zum Glück sind da immer noch die persönlichen Kontakte, welche ich habe. Neben engen Freunden sind es auch noch einige Personen aus der Uni, welchen ich mich anvertrauen kann und welche mich unterstützen. Ist das nicht viel mehr Wert als die Bestätigung von vielen Fremden aus dem Netz?

Bin ich noch janalog?

Vor ein paar Tagen ist mir aufgefallen, dass die Texte unter dem Menüpunkt „dahinter“ gar nicht mehr meiner Arbeitsweise entsprechen. Daher habe ich die schon ein paar Jahre alten Texte überarbeitet. Dabei tauchte in meinem Kopf die Frage auf, ob ich meinen Blog wirklich noch janalog nennen kann. Denn inzwischen kann ich meinen früheren Standpunkt kaum mehr vertreten.

Zwar war ich nie so dogmatisch, dass ich nichts digitales zugelassen habe – alleine meine langjährige Arbeit als Bildbearbeiterin hat mich immer in diesem Bereich gehalten. Doch ich arbeite immer seltener klassisch in der Dunkelkammer. Richtige Handprints von realen Motiven, aus der vermeintlichen Wirklichkeit, interessieren mich kaum noch. Das Interesse am Material und der Thematik wird jedoch immer intensiver. So tauche ich inzwischen gerne in alte Fotolehrbücher ein und nutze Material und Zubehör aus der analogen (zum Teil vergangenen) Fotografiewelt um damit Arbeiten und Ideen zu realisieren, welche oft gar nicht mehr auf reine Fotografien als Endprodukt aus sind.

Ich beschäftige mich mit Bewegtbildern, Tönen und Geräuschen, Worten und Texten sowie mit Quellen der Fotogeschichte und Theorie.