Liebesbrief an meine Rolleiflex

Jana_klein

 

Wenn ich ehrlich bin, dann warst du keine Wunschkamera. Ich wusste wenig über dich, wenn überhaupt! Deine Funktionsweise kannte ich aus dem Theorieunterricht der Fotoschule, doch eine Kamera mit zwei Objektiven war mir lange fremd, ja gar suspekt! Ich war nur digitale Spiegelreflexen, die Hasselblad sowie Fachkameras gewohnt.

 

In der Anfangszeit meines fotografischen Lohnjobs lernte ich jedoch einen Verwandten von dir kennen und die „Familie“ namens Rolleiflex fand ich durchaus interessant.

So unternahm ich im Winter 2012 auch einen Ausflug mit deinem Verwandten (ich muss ja schon sagen, dass ich ihn attraktiv fand). Es war eine schöne Zeit und die Erinnerungsfotos sind mir sehr ans Herz gewachsen. Doch ich dachte nicht, dass ich mit dieser Familie auch weiterhin, ja sogar so eng, zu tun haben werde. Aber es kam das alljährliche Weihnachten und wir wurden von meinem Chef verkuppelt. Die Schmetterlinge im Bauch waren groß und vor allem zahlreich, aber unser Zusammensein wurde dennoch überschattet.

Denn mit dir hatte ich nun noch eine weitere Kamera, welche meine Zuneigung, Interesse und Zeit einforderte. Da dies auf Dauer nicht ging, trennte ich mich, wenn auch schweren Herzens, von meiner digitalen Nikon D300. Aber wie es so ist, man muss sich manchmal entscheiden.

Doch ich bereue, auch im Nachhinein, diesen Schritt nicht. So konnte ich genug Zeit mit dir verbringen, was unsere Beziehung nur noch stärker machte.

Um diese Zeit bin ich dir wirklich dankbar. Wir konnten bisher zusammen nicht nur tolle Motive und Momente miteinander teilen, sondern auch einige tolle Gespräche mit zufälligen, spontanen Bekanntschaften machen. An dieser Stelle danke ich dir so sehr, ohne dich hätte ich so viele interessante Menschen nicht kennen gelernt. Es stellte sich nämlich heraus, dass viele (vor allem ältere Menschen) deine „Familie“ kannten oder dich auch sehr reizvoll finden.

Ich konnte zudem von deinem Alter und der daraus resultierenden Gelassenheit profitieren, denn diese entzieht sich der Beschleunigung der aktuellen Zeit.

Du bist mir eine geduldige Lehrerin, denn mit der fixen Brennweite und deinem seitenverkehrten Bild muss ich genauer überlegen, ob, was und wie ich die Motive mit dir festhalte.

Zudem muss ich zugeben, dass ich mich ziemlich in dich verguckt habe. Zwar hast du auch deine Ecken und Kanten, doch das Klacken des Lichtschachts und das klicken, wenn du das Licht in deinem Innersten auffängst, lässt mein Herz erwachen und ebenso leuchten.