vom nicht-fotografieren

„Wann drückst du auf den Auslöser?“
„Manchmal gar nicht. Wenn mir ein Moment gefällt, ich meine mir persönlich, dann will ich nicht das mich die Kamera irgendwie ablenkt. Dann will ich einfach nur darin verweilen“

aus: „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“


 

Folgender Sachverhalt ist wohl jedem bekannt und wird auch immer sehr stark betont wenn es um die Vorteile und Gründe der analogen Fotografie geht: Analog fotografiert man weniger, bewusster. Ja klar, wusste man schon, es liegt ja auf der Hand. Meine Ausbeute ist immer sehr geringt, da ich meine Kamera nur sehr selten dabei habe. Wie ich bestimmt schonmal betont habe ist die Fotografie für mich meist nicht das festhalten von Momenten und dem Leben, sondern eine ganz bewusste Motivsuche. Da ich darauf nicht immer lust habe, wird halt mal wochenlang kein Foto gemacht und stattdessen gelebt. Ohne Gerät zwischen mir und den Menschen, Natur und Städten.

 

Bei meiner Tour in der Schweiz hatte ich zwar meine Kamera(s) dabei, doch ich habe in 5 Tagen nur drei Filme sowie 3 Polaroids gemacht. Und das lag nicht an den Motiven, die gab es zahlreich. Gerade Bern und Lausanne waren wirklich sehr schön, doch für mich gab es dort kaum bis gar keine Motive. Jedoch habe ich die Städte genossen und saß auch einfach mal eine Stunde am See und hab einfach nur geschaut. Meine Bilder sind im Kopf, die brauch ich nicht auf dem Rechner oder auf Papier!

 

Das dachte ich auf jeden Fall. Als ich an einem Tag in Zürich und Winterthur war, nahm ich die Digitalknipse meiner Eltern mit um mir in der Fotobibliothek die interessanten Buchseiten abfotografieren zu können (geht einfach schneller als scannen). Meine analogen Kameras waren Zuhause und irgendwie bin ein bisschen in das Muster gerutscht, welches ich selbst nicht mag: Ich habe Erinnerungsfotos gemacht! Zwar waren es nur so ca. 7, aber das ist mehr als ein halber Rollfilm! Ach du Schreck, da hatte ich mich nicht im Griff! Wobei, ist das so schlimm?

Ich weiß es nicht und bestimmt bin ich einfach nur zu verkopft, doch wenn ich reflektiere wieso ich die Bilder gemacht habe, dann wird mir klar das ich Eindrücke von der Stadt zeigen wollte. „Ich-war-hier, guck……das ist der Beweis“. Aber wieso brauche ich einen Beweis? Reichen mir nicht Worte aus von dem Stadtspaziergang zu erzählen? Oder weiß ich das automatisch nach Bildern geschfragt wird? Normal ist mir das sowas von egal und bis jetzt hat auch noch keiner nach Bildern gefragt.

Ein paar Tage vor meinem „digitalen Ausrutscher“ (das ist wirklich nicht allzu ernst gemeint, wobei ich durchaus meine Prinzipien habe) bin ich den Goldenpass von Montreux über Interlaken nach Luzern gefahren. Es waren 5 sehr schöne Stunden in welchen ich aus dem gucken nicht mehr herauskam. Da drehte sich mein Hals….rechts, links und nach hinten. Die Landschaft war sehr schön und ich saß im Zug und wollte einfach nur gucken und genießen. Nun ja, mit dem genießen war nicht besonders viel. Die verschiedensten Töne von Auslösegeräuschen lösten in mir durchaus ein gribbeln aus, welches nie etwas gutes bedeutet. Ich will doch einfach in Ruhe gucken! Wieso müsst ihr non-stop fotografieren, die Bilder anschauen, merken das sie nichts geworden sind und dann nochmal und nochmal versuchen?

Verpasst man dann nicht so viel von der Schönheit, welche da gerade an einem vorbeizieht? Dieser Stress um schöne Fotos aus dem Zug heraus einzufangen….und darüber vergessen das genau da, hier draußen, das Schöne ist? Ich werde es wohl nie ganz verstehen. Leider sah es mein Zeitplan nicht vor, die Natur ohne eine Glasscheibe vor der Nase zu erleben. Aber ich werde wieder hin fahren und das ohne die Schönheit fotografisch festhalten zu wollen. Jawohl.

 

P.S. Jaja und dann ein Selbstportrait (in Bern) machen. 😀