mit der kamera auf du

Seit einiger Zeit nehm ich jedes fotografische Altpapier freudig in meine Hände und genieße es die, zum Teil schon etwas angestaubten, Wörter der damaligen fotografischen Welt zu lesen. Das Buch „mit der Kamera auf du“ von Alexander Spoerl aus den 60ern stand im Regal auf der Arbeit und zog durch den Titel meine Aufmerksamkeit auf sich. Vor allem sind die Illustrationen ziemlich nett gemacht.

Ich frage mich selbst, wieso ich es komplett durchgelesen habe, denn ein Buch über Fototechnik zu lesen habe ich schon lange von meiner to-do-Liste gestrichen. Doch die ersten Seiten gefielen mir anscheinend und dann nahm alles seinen Lauf. Ich stolperte nämlich über einige Formulierungen und vor allem Vergleiche in Bezug auf Frauen, welche man sich Heute wohl nicht mehr erlauben dürfte.
Der folgenden Zitatsammlung sei vorangestellt, dass ich es als Zeitzeugnis sehe und nicht zu sehr verurteilen möchte. Im Buch tauchte einiges an Humor auf, welcher zwar bisschen fragwürdig ist, aber dennoch wirkt – man merkt sich so einige Sachen besser!
Was ich dem Autor hoch anrechne ist der Fakt, dass keinerlei Herstellername oder Ähnliches genannt wird. Selbst die Modellzeichnungen von Kameras, welche man wirklich entsprechenden Herstellern zuordnen kann, sind ohne entsprechenden Schriftzug. Es liest sich weniger sperrig als viele andere vergleichbare Bücher und es ist, wie schon genannt, einiges an Humor drin.

Und dieses Instrument, der Fotoapparat, ist in Wirklichkeit so einfach; nur die Leute, die etwas davon verstehen, haben alles so kompliziert gemacht“

„Und das Schönste an der Fotografie ist doch gar nicht das gelungene Bild, sondern das Fotografieren.
Oder möchten Sie eine Frau, die nur noch einen Knopf hat, und wenn Sie auf den drücken, die Frau ein Kind bekommt?
Es sind nicht immer die Früchte allein, welche beglücken, es ist das eigene Tun.“

„Eine Kamera wie eine vollendete Frau. Kann selber denken, aber gehorcht, wenn man es von ihr will.“

„Doch haben wir keine Wahl: seiner Kamera ein Gelbfilter aufzusetzen ist etwa das selbe, wie seiner eigenen Frau in den Mantel zu helfen. Den Erfolg spürt man erst auf die Dauer.“

„Zum Stativ gehört der Drahtauslöser, wie zur stillen Frau der Handkuss. Andernfalls stört man die Stille.“

„Ein gekränktes Weib nämlich glättet sich wieder, das ist das Entzückende an den Frauen, ein zerkratzter Farbfilm aber bleibt zerschunden.

Zum Thema Diaschauen „Antialkoholikern soll man überhaupt keine farbigen Bilder zeigen, das sind Menschen, die alles nur schwarzweiß empfinden.“

„Das gute Farbfoto erkennt man wie eine gute Frau: Man kann es immer wieder sehen.“

„Ein Film trocknet um so besser, je weniger eine Frau davon weiß. Denn eine Frau fasst ihn dennoch an.“

„Man verschwendet kein größeres Format, um schlechter entwickeln zu können, sondern um schärfer zu sein.
Man nimmt ja auch keine temperamentvollere Frau, um selbst müder sein zu dürfen“

„Filmen ergeht es wie Frauen: sobald man meint es zu können, geht man schlechter damit um. Filme aber rächen sich ganz genauso!“

Voigtländer Bessa Voigtar 1:7,7 F= 10,5cm (1929)

Anfang des Jahres flog mir diese alte Kamera zu. Mit ihren 86 Jahren ist sie wohl die älteste Kamera, welche sich je in meinem Besitzt befand. Doch nachdem ich den ersten Film durch hatte und die Bilder sah, so wusste ich, dass ich sie nicht aktiv nutzen würde. Einen ungenauen Sucher kann ich einfach nicht gebrauchen.
Zwar hat die Handhabung durchaus ihren Reiz und auch die Bildwirkung könnte man bei dem ein oder anderen Projekt verwenden, doch sie wäre für mich hauptsächlich nur ein hübscher Blickfang im Zimmer. Somit wechselte die Kamera recht schnell ihren Besitzer, da ich nur die Kameras behalte, welche ich auch regelmäßig nutze.

 

Wehr, 2015

Wehr, 2015

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Voigtländer Bessa Voigtar von 1929